Erscheinungsbild einer Legasthenie

Woran erkenne ich, ob mein Kind eine Legasthenie hat?

Laien können nicht eindeutig feststellen, ob ein Kind eine Teilleistungsstörung hat. Sie können aber auf Anzeichen achten.
Wenn Ihr Kind nach diesem Anzeichenkatalog auffällig ist, sollten Sie eine medizinische Fachdiagnostik durchführen lassen.
In den meisten Fällen treten Lese- und Rechtschreibstörung gemeinsam auf.

Probleme beim Lesen

  • Sehr langsames und stockendes Lesen
  • Lesen ohne sinnentsprechende Betonung, falsche Tonhöhe oder falscher Sprechrhythmus
  • Verlieren der Zeile im Text
  • Auslassen, Vertauschen oder Hinzufügen von Wörtern, Silben oder einzelnen Buchstaben
  • Weglassen von Endungen oder falsches Zusammenziehen von Worten
  • Schwierigkeiten beim Zusammenführen eines gelesenen Wortes mit seiner Wortbedeutung
  • Schwierigkeiten beim Gliedern und Sinnerfassen von Sätzen und Abschnitten
  • Anlesen und Ergänzen durch Raten, Erfinden von Inhalten oder Verwendung von Synonymen
  • Texte auswendig vortragen
  • Hinzukommen Defizite im Leseverständnis: Beeinträchtigung, Gelesenes wiederzugeben und aus dem Gelesenen Schlüsse zu ziehen oder Zusammenhänge daraus zu erkennen. 

Das Lesen bleibt meist bis in die höheren Klassen verlangsamt oder flüchtig.

Probleme in der Rechtschreibung

  • Hohe Fehlerzahl bei ungeübten Diktaten und beim Abschreiben von Texten
  • Probleme bei der Umsetzung von Gehörtem ins Geschriebene (Laut- und Buchstaben-Unterscheidungsprobleme)
  • Probleme beim Abschreiben von Wörtern und Sätzen (Merkschwierigkeiten)
  • Schwierigkeiten bei der Unterscheidung einzelner Buchstaben
  • Verdrehungen von Buchstaben im Wort
  • Dehnungsfehler, wie Zan statt Zahn
  • Auslassungen von Buchstaben oder Wortteilen, wie ach statt auch
  • Einfügen von falschen Buchstaben oder Wortteilen, wie Artzt statt Arzt
  • Wortverstümmelungen
  • Regelfehler, z. B. in der Groß- und Kleinschreibung
  • Wahrnehmungsfehler, z. B. Verwechseln harter und weicher Konsonanten
  • „lautliches Schreiben“
  • Fehlerinkonstanz, d. h. dasselbe Wort in unterschiedlichen Schreibweisen
  • Probleme Lese- und Rechtschreibfehler zu erkennen
  • Unleserliche Schrift
  • Verlangsamung beim Schreiben

Jedes einzelne dieser Symptome kann bei einem betroffenen Kind auftreten, muss aber nicht. Jedes Kind hat seine eigene Legasthenie mit seiner individuellen Symptomausprägung.

Legastheniker*innen haben oft auch beim Aufsatzschreiben Probleme, z.B. mit Wortschatz, Satzbau und Grammatik, vor allem dann, wenn sie in ihrer Vorgeschichte eine verzögerte Sprachentwicklung hatten oder wenn sie an Laut-Differenzierungsproblemen leiden (Verwechseln von „ihm“ und „ihn“, „dem“ und „den“).  Meist häufen sich am Ende die Fehler oder es tauchen immer neue Schreibweisen auf.  Die betroffenen Kinder können auch Schwierigkeiten haben, Dinge der Reihe nach zu erzählen oder mit Wortfindungsproblemen kämpfen. Da das Wortbildgedächtnis meist nicht intakt ist, erkennen sie ihre Fehler nicht.

Die Leistungsdefizite aufgrund von eingeschränktem, d.h. verlangsamtem oder fehlerhaftem Lesevermögen und verlangsamter mangelhafter Rechtschreibung machen sich nicht nur in Deutsch und in den Fremdsprachen, sondern auch in anderen Fächern bemerkbar, wenn Texte bearbeitet oder geschrieben werden müssen. Eine Legasthenie kann somit schnell dazu führen, dass die gesamten schulischen Leistungen erheblich beeinträchtigt werden.

Bei allen schulischen Problemen fällt auf, dass häufiges und intensives häusliches Üben oder herkömmlicher Nachhilfeunterricht nur geringe oder gar keine Verbesserungen bringen.

Eine Lese-Rechtschreibstörung/Legasthenie wächst sich nicht aus.

Ohne Behandlung nehmen die Probleme häufig sogar zu. Nicht selten kommt es bei diesen Schülern zu psychischen Folgeproblemen, wie Schulangst, psychogenen Bauchschmerzen oder Depressionen. Um bleibende seelische und soziale Beeinträchtigungen zu vermeiden, brauchen die betroffenen Kinder häusliche und schulische Unterstützung sowie spezielle Förderung. Allerdings ist selbst bei einer qualifizierten Förderung über längere Zeit hinweg deren Erfolg erst nach frühestens zwei Jahren erkennbar. Die Lücken im Wissenserwerb und seelischen Belastungen infolge einer nicht erkannten oder unbehandelten Teilleistungsstörung können die Bildungs- und Berufschancen und die persönliche Lebenserfüllung des betroffenen Menschen dramatisch einschränken.

Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Baden-Württemberg e.V.