Tipps für Eltern

Beobachten Sie sich andeutende Schwierigkeiten mit Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen bei Ihrem Kind.
Sprechen Sie mit den Lehrkräften. Holen Sie sich fachlichen Rat auch außerhalb der Schule. Informieren Sie sich.

Manche Lehrer glauben, Kinder mit Teilleistungsproblemen ließen sich allein durch ein Mehr an Übungen ausreichend fördern und machen die „Dummheit“ oder „Faulheit“ der Kinder für den ausbleibenden Erfolg verantwortlich. Eine Legasthenie/Lese-Rechtschreibstörung bzw. eine Dyskalkulie/Rechenstörung ist jedoch eine Teilleistungsstörung begrenzt auf die Lese- und Rechtschreib- bzw. Rechenleistungen, die nicht auf mangelnde Intelligenz oder Übung zurückzuführen ist.
Eine medizinische Fachdiagnostik schafft Klarheit darüber, welche Problematik vorliegt. Diese umfassende Diagnostik können nur Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten durchführen. Lehrer sollten lediglich durch Schulleistungstests auf mögliche Probleme hinweisen.

Eine Lese-Rechtschreibstörung/Legasthenie oder Rechenstörung/Dyskalkulie wächst sich nicht aus. Ohne Behandlung nehmen die Probleme häufig sogar zu.
Nicht selten kommt es bei diesen Schülern zu Schulangst, psychogenen Bauchschmerzen etc. bis hin zu Depressionen. Diese Kinder brauchen Hilfe, damit es nicht zu bleibenden seelischen und sozialen Beeinträchtigungen kommt.

Bringen Sie Verständnis für Ihr Kind auf. Schimpfen Sie nicht über schlechte Leistungen, machen Sie ihm keine Vorwürfe, verzichten Sie auf abwertende, kränkende Bemerkungen oder Vergleiche mit Geschwistern oder anderen Kindern. Versuchen Sie sich in seine Lage hinein zu versetzen. Glauben Sie ihm, dass es manche scheinbar einfache Anforderungen nur mit Mühe erfüllen kann. Loben Sie es für jede Anstrengung. Machen Sie ihm Mut und stärken Sie seine Zuversicht. Quälen Sie es nicht mit sinnlosem Üben. Legastheniker lernen die Rechtschreibung nicht durch Diktatübungen, Kinder mit Dyskalkulie das Einmaleins nicht durch stundenlanges Abfragen. Sorgen Sie für eine entspannte Atmosphäre beim Lernen. Hören Sie auf, wenn der Konzentrations-Akku des Kindes leer ist.

Vertreten Sie die Interessen Ihres Kindes in der Schule.
Suchen Sie seine Lehrer auf. Sprechen Sie mit ihnen über die individuellen Probleme ihres Kindes, bitten Sie um Verständnis und um eine angemessene Berücksichtigung seiner Problematik im Unterricht.
Zeigen Sie auch die Kompetenzen und Stärken Ihres Kindes auf, auch gerade die, die Lehrer nicht kennen. Helfen Sie den Lehrkräften ihre Einschätzung zu korrigieren, Ihr Kind nicht nur als „Problemfall“ zu sehen.

Es ist Aufgabe der Schule, allen Kindern, die dazu von ihrer Begabung her in der Lage sind, das Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen.
Schule und Lehrkräfte können die Entwicklung eines Kindes mit Legasthenie oder Dyskalkulie günstig oder ungünstig beeinflussen. Ein lernförderndes schulisches Umfeld, das die Persönlichkeit des Kindes akzeptiert, ist ein wichtiger Faktor für eine gute psychosoziale Entwicklung. Angst und negative Reaktionen senken die Leistungsfähigkeit und das Selbstwertempfinden des Kindes.

Auch wenn die Schule selbst keine Legasthenie-/Dyskalkulie-Therapie anbieten kann, so hat sie doch kein Recht, einem betroffenen Kind ihre Unterstützung zu verweigern.
Schüler mit Teilleistungsschwierigkeiten gehören nicht auf die Förderschule. Sie haben lediglich Schwierigkeiten im Lesen und Rechtschreiben bzw. Rechnen. Im Übrigen sind sie genauso leistungsfähig, wie ihre Mitschüler.

Förderung bei Lese-Rechtschreib- und Rechenschwierigkeiten ist primär Aufgabe der Schule.
Fragen Sie nach Förderangeboten der Schule, aber seien Sie kritisch: Ein Kind mit einer Teilleistungsstörung braucht etwas anderes als hin und wieder eine Förderstunde.

Die Verwaltungsvorschrift „Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf“ enthält Regelungen zum Nachteilsausgleich und zur zurückhaltenden Bewertung der Lese- und Rechtschreibleistungen.
Genaue Informationen finden sie auf unserer Homepage unter dem Menüpunkt „Rechtliche Hilfen“.

Es ist sehr wichtig, dass die Mitschüler erklärt bekommen, warum Ihr Kind mit dem Lesen und Rechtschreiben bzw. Rechnen Schwierigkeiten hat. Auf diese Weise können ihm Hänseleien und Ausgrenzung erspart bleiben. Am besten ist es, wenn Lehrer die anderen Kinder in die Unterstützung einbeziehen.

Häufig ist gerade bei Kindern mit gravierenden Teilleistungsproblemen eine zusätzliche außerschulische Lerntherapie notwendig. Lerntherapie ist keine Nachhilfe, sondern eine individuell ausgerichtete Förderung durch qualifizierte, d. h. speziell dafür ausgebildete Fachkräfte. Eine gute Legasthenie- oder Dyskalkulietherapie ist kein reines Lerntraining. Sie verbindet pädagogische Förderung mit therapeutischen Maßnahmen zur Stützung des Selbstwertgefühls und zum Abbau von Versagensängsten.
Schauen Sie sich die Therapieangebote kritisch an. Es gibt keine staatlich verbindlichen Standards. Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. hat jedoch Zertifizierungskriterien aufgestellt und führt eine Liste zertifizierter Ausbildungsinstitute und Lerntherapeuten. Auch der Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V. hilft Ihnen gerne weiter.

Eine Lerntherapie kann die Teilleistungsschwierigkeiten nicht heilen. Aber sie kann helfen, die Lese-Rechtschreib- bzw. Rechenleistungen durch geeignete Strategien zu verbessern und auf diese Weise zum Schulerfolg zu verhelfen.
Seien Sie deshalb misstrauisch bei Therapieangeboten, die Legasthenie oder Dyskalkulie in kurzer Zeit „heilen“ wollen. Ungeeignete Therapien sind Zeitverschwendung! Seriöse Lerntherapeuten geben Einzeltherapiestunden nach einem für die speziellen Beeinträchtigungen Ihres Kindes notwendigen individuellen Hilfeplan.
Dennoch wird auch ein erfolgreich therapierter Legastheniker/Dyskalkuliker immer mehr Anstrengung und Mühe investieren müssen, um denselben Lernerfolg zu erzielen wie ein gleich begabter Nichtbetroffener.

Gute Lerntherapeuten sind bereit zur Kooperation mit den Lehrern Ihres Kindes. Eine außerschulische Therapie kann nämlich nur gelingen, wenn Schule und Therapieeinrichtung zusammenarbeiten. Vermitteln Sie deshalb den Kontakt zwischen den Lehrern und außerschulischen Lerntherapeuten Ihres Kindes.

Das Jugendamt übernimmt die Kosten einer außerschulischen Lerntherapie, wenn das Kind oder der Jugendliche durch die Lese-Rechtschreib- oder Rechenstörung bereits massive seelische, psychosomatische oder soziale Folgesymptome entwickelt hat und dadurch seine soziale Integration gefährdet ist.
Bei Fragen zum Antrag beim Jugendamt hilft Ihnen der Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. gern weiter.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. 
Nutzen Sie die Informationsangebote unseres Verbandes: Info-Broschüren, Mitglieder-Zeitschrift, Vortragsveranstaltungen, Fachkongresse, Buchempfehlungen, individuelle Beratungen und Erfahrungsaustausch in regionalen Gruppen.
Eltern von Kindern mit Teilleistungsstörungen müssen gut informiert sein, denn Fachwissen
und Handlungskompetenz sind wichtig, gerade im Umgang mit Schulen und Lehrkräften. Werden Sie Mitglied!

Landesverband Legasthenie und Dyskalkulie Baden-Württemberg e.V.